Wahlen im Sudan. Eine Farce

Nicht erst mit dem Rückzug des von der SPLM unterstützten Präsidentschaftskandidaten ist die für den 11. April angesetzte Wahl im Sudan zur Farce geworden. Neben Yassir Arman von der SPLM haben auch die meisten anderen Oppositionsparteien ihre Kandidaten zurückgezogen.

Von: Thomas Schmidinger, Wiener Zeitung, 8.4.2010

Während die ehemalige südsudanesische Guerilla der SPLM zumindest weiterhin an den Parlamentswahlen teilnehmen will, boykottieren andere, wie die traditionell vor allem unter Intellektuellen verankerte Kommunistische Partei, auch diesen Wahlgang. Von den politisch relevanten Herausforderern von Präsident Umar al-Bashir, der das Land seit dem islamistischen Putsch 1989 autoritär regiert, ist lediglich Abdullah Deng Nhial von der innerislamistischen Konkurrenz der Popular Congress Party unter Hassan al-Turabi weiter im Rennen.

Tatsächlich gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die Wahlen frei und fair verlaufen würden. Die Gewalt in Darfur hält an. Große Teile der dortigen Bevölkerung harren weiterhin unter katastrophalen Bedingungen in Flüchtlingslagern ohne Zugang zu den Wahlurnen aus. Das Regime kontrolliert den Zugang zu den Medien. Anhänger der Opposition werden eingeschüchtert. Unter diesen Bedingungen sind freie Wahlen nicht möglich.

Ende November durfte ich auf einer großen internationalen Sudan-Konferenz in Südafrika sprechen. Unter den Teilnehmern herrschte Einigkeit darüber, dass die Voraussetzungen für freie Wahlen derzeit nicht gegeben sind. In einer Resolution schlugen die versammelten Sudan-Experten vor, vorerst nur lokale Wahlen durchzuführen und erst auf nationaler Ebene zu wählen, wenn dafür die Bedingungen geschaffen wurden. Bei allen Differenzen war man sich einig, dass Wahlen nur dann Sinn machen, wenn dafür die Voraussetzungen gegeben sind. Außer einigen regimenahen Professoren sudanesischer Universitäten sah niemand diese Voraussetzungen erfüllt. Wahlen unter den derzeitigen Bedingungen, so fürchteten die meisten, könnten bestenfalls zu einer Scheinlegitimierung des Regimes, schlimmstenfalls zu neuen Ausbrüchen bürgerkriegsähnlicher Gewalt führen. Der Rückzug der Oppositionskandidaten bestätigt diese Befürchtungen.

Dass das Regime trotzdem die Wahlen durchziehen will, deutet jedoch auch auf seine Schwäche hin. Umar al-Bashir, gegen den 2008 ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs einleitet wurde, benötigt zumindest eine scheinbare Legitimation durch Wahlen. Im Comprehensive Peace Agreement zwischen dem Regime und den ehemaligen südsudanesischen Rebellen ist zudem die Durchführung der Wahlen im Vorfeld der Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südens im Jahr 2011 festgeschrieben. Ob diese stattfinden kann, wird auch davon abhängen, wie diese Wahlen verlaufen.

Thomas Schmidinger ist Lektor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien und Mitglied der Sudan Studies Association.