LeEZA protestiert gegen die Verurteilung von İsmail Beşikçi
Vergangenen Freitag wurde der bekannte türkische Soziologe İsmail Beşikçi aufgrund eines Artikels in der Fachzeitschrift Çağımızda Hukuk ve Toplum („Zeitgenössisches Recht und Gesellschaft“) wegen „Propaganda für eine terroristische Organisation“, womit die PKK gemeint ist, zu 15 Monaten Haft verurteilt. Beşikçi hatte aufgrund früherer Forschungen zur kurdischen Frage bereits 17 Jahre in Haft verbracht. Viele seiner 36 Bücher sind in der Türkei bis heute verboten. Beşikçi gehört zu den weltweit bekanntesten Kurdologen. Der niederländische Kurdologe Martin van Bruinessen würdigt Beşikçi als jemanden, der für viele Jahre der einzige Nichtkurde in der Türkei war, der sich klar für die Rechte der Kurdinnen und Kurden ausgesprochen hatte, aber auch als jemanden, der in den 1960er- und 1970er-Jahren wissenschaftliche Arbeiten zu den Kurden verfasst hatte, die von bleibender Bedeutung sind (siehe: http://www.let.uu.nl/~martin.vanbruinessen/personal/publications/ismail_besikci.htm) .
Die Verein der JuristInnen (CHD), die jene Fachzeitschrift herausgibt, in der Beşikçi publizierte, protestierte auf das Schärfste gegen das Urteil. In einer schriftlichen Erklärung bedauern sie, dass „wir alle gezwungen werden zu akzeptieren, dass es bereits ein Verbrechen in diesem Land darstellt, wenn man an die schiere Existenz von Kurden glaubt oder darüber schreibt.“
Der an der Universität Wien lehrende Politikwissenschafter und LeEZA-Vorstandsmitglied Thomas Schmidinger, der ebenfalls zu Kurdistan arbeitet, übt ebenfalls scharfe Kritik an dem Urteil: „Wenn in der Türkei anerkannte Wissenschafter wie Beşikçi für Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu Haftstrafen verurteilt werden, kann von einer Freiheit der Wissenschaft keine Rede sein!“ Das stellvertretende Mitglied des Betriebsrats und des Senats der Universität Wien ruft auch sozialwissenschaftliche KollegInnen in Europa zur Solidarität mit dem politisch verfolgten Soziologen auf.
Mary Kreutzer, Obfrau der in Türkisch- und Irakisch-Kurdistan tätigen Hilfsorganisation LeEZA, appelliert ebenfalls an die internationale Solidarität: „Bei der Verurteilung der Soziologin Pınar Selek hat die internationale Aufmerksamkeit mit Sicherheit dazu beigetragen, dass die türkischen Gerichte letztlich nicht anders konnten, als sie freizusprechen. Wenn nun Beşikçi für einen Artikel zu über einem Jahr Haft verurteilt wird, dann sollte dies zu ähnlichen Protesten führen! Die Türkei zeigt mit solchen Urteilen, dass sie leider immer noch keine Demokratie und kein Rechtsstaat ist.“