Hilfsorganisation kritisiert Ärzte ohne Grenzen: Im Irak ist unabhängige humanitäre Hilfe sehr wohl möglich

Im Irak tätige österreichische Hilfsorganisation kritisiert Aussagen des neuen Präsidenten der Österreich-Sektion von „Ärzte ohne Grenzen“ über Hilfe im Irak

„Wir arbeiten seit Jahren im Nordirak und haben auch seit 2003 niemals den Schutz von irgendwelchen Besatzern notwendig gehabt“, erklärt Thomas Schmidinger, Obmann der österreichischen Sektion der seit 1993 im Nordirak tätigen Hilfsorganisation WADI: „Die Aussagen von Reinhard Dörflinger in der Tageszeitung „Die Presse“ halte ich für gelinde gesagt verantwortungslos. Sie sprechen entweder für eine politisch-ideologische Argumentation oder für völlige Ahnungslosigkeit was die konkrete Situation im Irak betrifft.“ Dörflinger, der seit Juni Präsident der österreichischen Sektion der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist, hatte am Samstag den 8. Juli in der Presse erläutert, seine NGO würde nicht im Irak tätig sein. Der Allgemeinmediziner argumentierte: „Wenn man nur unter Schutz der US-Armee Hilfe leisten kann, wird man als Teil der Besatzer gesehen, ist man nicht mehr neutral.“

Mary Kreutzer, Projektleiterin der Irak-Projekte von Wadi-Österreich, zeigte ebenfalls für diese Äußerungen keinerlei Verständnis: „Wir haben noch nie irgendwelche bewaffneten Truppen zur Bewachung unserer Projekte benötigt. Es hängt sehr stark davon ab, wo man im Irak tätig ist. Die Kurdengebiete sind völlig sicher. Auch im Süden ist die Situation besser als im so genannten sunnitischen Dreieck oder in Bagdad.“ Kreutzer, die erst vor Kurzem wieder die Projekte von Wadi im Irak besucht hatte, denkt nicht daran sich aus dem Irak zurückzuziehen: „Die Irakerinnen und Iraker brauchen unsere Solidarität. Auch für Ärzte ohne Grenzen gäbe es dort genug zu tun. Sie müssten nur einmal ein irakisches Spital besuchen und sich ansehen wie dort die Bedingungen immer noch sind. Wenn sie selbst dort nichts machen wollen, sollten sie sich aber zumindest mit Kommentaren zurückhalten, die jene zum >Teil der Besatzer< erklären, die die irakische Bevölkerung nicht im Stich lassen.“ Wadi-Obmann Schmidinger fragt sich zudem, warum Ärzte ohne Grenzen im Irak so viel heikler seien als in anderen Ecken der Welt: „Ich hoffe Ärzte ohne Grenzen fürchtet nicht auch mit „solch demokratischen“ Regierungen wie jener der VR China, des Iran, Palästinas oder Turkmenistans identifiziert zu werden, in denen die Organisation tätig ist. Wer mit diesen Staaten kein Problem hat, aber mit der irakischen Bevölkerung nichts zu tun haben will, weil der nicht mit Besatzern identifiziert werden will, braucht nicht davon zu reden eine >Vermischung von humanitärer Hilfe und Politik< zu befürchten, wie Dörflinger sich in der Presse äußerte. Wer eine so ideologisch motivierte Auswahl seiner Einsatzgebiete propagiert, ist selbst Teil dieser Vermischung von humanitärer Hilfe und Politik.“

WADI betreibt seit 1993 Hilfsprojekte im kurdischen Autonomiegebiet des Irak, die nach dem Sturz Saddam Husseins auch auf einige andere Gebiete ausgeweitet wurden. Schwerpunkt der Arbeit bilden Frauen- und Frauengesundheitsprojekte in ländlichen Regionen

Minderheiten und Dominanzkultur

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