Proteste gegen Ilisu vor dem Finanzministerum

Mit einer Kundgebung vor dem Finanzministerium reagierten heute GegnerInnen des Ilisu-Damms in der Türkei auf die übereilte und geheim gehaltene Sitzung des Kontrollbankbeirates im Finanzministerium, die – wie die GegnerInnen des weltweit umstrittenen Staudamms befürchten – auf Druck der türkischen Regierung die Unterstützung des Projektes durch Steuergelder beschließen will.

„Mit österreichischen Steuergeldern sollen nun Exportkredite für ein letztlich militärisches Projekt zur Bekämpfung kurdischer RebellInnen und als Druckmittel gegen den Irak finanziert werden!“ ist Thomas Schmidinger, der Obmann der in der Region aktiven Hilfsorganisation WADI entsetzt. Erst vor wenigen Tagen hatte die türkische Regierung erklärt, dass der Bau des Ilisu-Großstaudammes im kurdischen Südosten der Türkei von 5000 Soldaten abgesichert werden soll. Mit diesem Beschluss leitete das „Höchste Amt zur Bekämpfung des Terrorismus“ (TMYK) unter Vorsitz des türkischen Außenministers Abdullah Gül die Militarisierung des Staudammbaus ein.

In türkischen Medien wird seither offen über den militärischen Nutzen des Projektes „gegen die Terroristen“ gesprochen, „deren Verstecke damit vernichtet“ werden könnten. Tatsächlich hatte die Nachfolgeorganisation der PKK schon Ende 2006 erklärt, der Damm und damit auch die Baustelle der österreichischen Firma VA Tech Hydro wäre „ein Angriffsziel“.

Bisher fehlten auch jegliche Konsultationen mit den irakischen Nachbarn, deren Wasserministerium sich offen gegen das Projekt gestellt hatte. Die Auswirkungen auf den Wasserdurchlauf des Tigris wären enorm und würden bis hin zu den eben erst in einer Renaturierungsphase befindlichen Sümpfen des Südirak fatale Konsequenzen mit sich ziehen, so die seit Jahren im Irak tätige österreichische Hilfsorganisation WADI. Die Beteiligung Österreichs an diesem Projekt würde auch eine Beteiligung an der Militarisierung der Region mit sich bringen, so Kiymet Cevis,von Wadi Österreich: „Der Ilisu-Damm ist ein Schlüsselprojekt des GAP, des Südostanatolien-Projekts, das im Endzustand 22 Staudämme aufweisen soll und mit 19 Energiegewinnungsanlagen bis zu 8.000 kWh vor allem in den westtürkischen Energiesektor liefern soll. Ilisu soll noch rasch vor einem EU-Beitritt der Türkei und bevor der davon unmittelbar betroffenen südliche Nachbar Irak wieder außenpolitisch handlungsfähig ist, fertig gestellt werden.“ Sich daran zu beteiligen wäre laut Ceviz „ein Verbrechen“.

Rückfragehinweise unter Tel.(WADI) : 0699-11365509

Weitere Links zum Thema ILISU:
http://homepage.univie.ac.at/thomas.schmidinger/php/texte/tuerkei_ilisu_kultur.pdf
http://homepage.univie.ac.at/thomas.schmidinger/php/texte/tuerkei_ilisu.pdf
http://www.leeza.at/Media/Spiegel/feldkircher.pdf
http://www.leeza.at/Media/Presse/press_28-05-06.php
http://www.leeza.at/Media/Presse/press_07-03-06.php
www.eca-watch.at

Zum Frauentag: Genitalverstümmelung ist keine Kultur, sondern ein Verbrechen!

Wien/Suleymaniya (Irak): Inmitten der täglichen Gewalt, die das Bild des Irak in den internationalen Medien kennzeichnet, richten sich Frauen mit einem dringenden Appell an die kurdische Regionalregierung im Norden des Irak: Stoppt die Gewalt gegen Frauen und Mädchen und schützt ihr Recht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit! Gemeint sind nicht Entführungen und Kriegsgewalt, gemeint ist eine Form »traditioneller« Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die in Friedens- wie Kriegszeiten existiert: FGM (Female Genital Mutilation), die Verstümmelung weiblicher Sexualorgane.

FGM ist international gebannt – durch die Kinderrechtskonvention, weil die euphemistisch »Beschneidung« genannte Operation zumeist an Minderjährigen vorgenommen wird, und durch zahllose Einzelbeschlüsse und -abkommen. Die Verstümmelung zielt darauf ab, die weibliche Fähigkeit zu eigenem (sexuellem) Lustempfinden zu vernichten. Sie ist der ultimative, körperliche Ausdruck der Unterdrückung von Frauen und Mädchen. Die Betroffenen leiden regelmäßig unter Entzündungen und dauerhaften Erkrankungen der Sexualorgane, unter Unfruchtbarkeit und anhaltendem Schmerz, oft auch unter starken psychischen Belastungen wie dem post-traumatic stress symptom. Immer wieder sterben Mädchen infolge der Operation. International herrscht Einigkeit darüber: FGM ist keine Kultur, sondern ein Verbrechen.

Die Anti-FGM Petition in der kurdischen Wochenzeitschrift Awena weitgehend unbemerkt von der internationalen (Fach-) Öffentlichkeit wird FGM auch im kurdischen Nordirak praktiziert. Erste Untersuchungen in einzelnen Regionen zeigten, dass bis zu 60 % der befragten Frauen der Operation unterworfen wurden. Frauenrechtsverbände vor Ort haben bereits Mitte vergangenen Jahres auf einer regionalen Konferenz, unterstützt von WADI, dazu aufgerufen, dem Problem mehr Aufmerksamkeit zu schenken und die weibliche Genitalverstümmelung per Gesetz zu ächten. In einigen Regionen arbeiten Mobile Teams in Dörfern und Städten, um Frauen und Männer über die gravierenden Folgen der Praxis aufzuklären. Zum internationalen Frauentag treten Frauen und Männer aus der Region nun öffentlich dafür ein, offen über ein tabuisiertes Thema zu sprechen und FGM im Nordirak auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu bekämpfen.

Innerhalb weniger Tage unterzeichneten mehr als 5.000 Personen namentlich einen offenen Brief an das Parlament der Region Kurdistan/Irak, der zum internationalen Frauentag in allen größeren Tageszeitungen der Region ganzseitig veröffentlicht wird. Fernsehspots gegen FGM in kurdischen Sendern sollen die breite Bevölkerung aufklären. Eine demokratische Gesellschaft, so der Aufruf sinngemäß, könne die beständige Verletzung der grundlegendsten Rechte von Frauen und Mädchen nicht dulden.

Öffentliche Kampagnen wie diese sind neu in einem Land, das Jahrzehnte von einer totalitären Diktatur regiert wurde. Politischer Dissens und Opposition äußerten sich bestenfalls heimlich. Ein namentliches Bekenntnis kam der Todesstrafe gleich. Um so beeindruckender ist die große Resonanz, die der Aufruf binnen weniger Tage gefunden hat. Der Weg der öffentlichen Kampagne wurde bewusst gewählt. FGM fußt auf dem Schweigen der Beteiligten, die Praxis ist umhegt von einer Mauer aus Scham. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass der Bruch des Schweigens der erste, unabdingbare Schritt hin zu einer breiten Ächtung der Genitalverstümmelung ist.

Der Aufruf im Internet: http://www.stopfgmkurdistan.org/index.htm

Weiterführende Informationen: www.leeza.at und www.wadinet.de

Im Februar 2007 erschien die dritte Print-Ausgabe von: WADI-News, Schwerpunkt: Weibliche Genitalverstümmelung.
Wird kostenlos per Post zugeschickt, schicken Sie uns Ihre Adresse! Hier auch online zu lesen.

Filmmaterial:
WADI hat gemeinsam mit dem kurdischen Regisseur Nabaz Ahmed im vergangenen Jahr einen Dokumentar-Film über FGM in der irakisch-kurdischen Region Germian produziert. In dem 30 minütigen Film sprechen Frauen und Mädchen über ihre Erfahrungen mit Genitalverstümmelung, über die Ursachen und Begründungen und über die Folgen der Praxis. Der Film liegt in Originalton mit englischen Untertiteln vor. Anfragen bitte an: info@leeza.at

Im Irak tätige Hilfsorganisation WADI fordert die Öffnung der Grenzen für Irak-Flüchtlinge

Die im Irak tätige Hilfsorganisation WADI fordert die Aufnahme von irakischen Kriegsflüchtlingen durch die EU und die USA um die prekäre Situation von zwei Millionen Flüchtlingen in Syrien und Jordanien zu entschärfen. Eine solche Aufnahme von Kriegsflüchtlingen – wie sie in Österreich zuletzt während des Bosnienkriegs gehandhabt wurde – wäre auch im Interesse der EU.

Diesen Vorschlag zur Bewältigung des Flüchtlingsansturms aus dem Irak in die Nachbarstaaten Syrien und Jordanien präsentierte heute die seit Jahren im Irak tätige Hilfsorganisation WADI:

„Es ist Zeit, die Grenzen der EU für irakische Staatsbürger zu öffnen!“, erklärte Wadi-Obmann Thomas Schmidinger. Österreich hätte die Möglichkeit, wie damals während des Bosnienkriegs, Irakerinnen und Iraker pauschal als Kriegsflüchtlinge anzuerkennen. „Würde die EU in einer gemeinsamen Anstrengung eine halbe Million Irakis aufnehmen und unter den verschiedenen EU-Staaten aufteilen, wäre dies problemlos bewältigbar. Auf Österreich würden – nach der Bevölkerungszahl der EU-Staaten aufgeteilt – ungefähr 12.000 Kriegsflüchtlinge kommen. Neben der EU solle jedoch auch die USA in die Pflicht genommen werden und ebenfalls eine halbe Million Kriegsflüchtlinge als Sofortmaßnahme aufnehmen. „Wenn die Truppen der beiteiligten EU-Staaten und der USA nicht fähig sind, die Sicherheit im Irak herzustellen, dann müssen wir wenigstens die Flüchtlinge aufnehmen!“ appelliert Schmidinger.

In den letzten Monaten sind über zwei Millionen irakische Staatsbürger nach Jordanien und Syrien geflüchtet, über 1,6 Millionen mussten als intern Vertriebene ihre Häuser verlassen und in anderen Teilen des Landes Unterkunft finden. Syrien und Jordanien sind mit der Flüchtlingswelle völlig überfordert. Der überwiegende Großteil der Flüchtlinge muss ohne jede Unterstützung auskommen. Die Hilfsorganisation Wadi, die seit Jahren im kurdischen Autonomiegebiet des Nordirak Frauen- und Sozialprojekte unterstützt, argumentiert jedoch nicht nur mit der humanitären Katastrophe.

„Langfristig“, so Schmidinger, „liegt es auch im ureigensten Sicherheitsinteresse der Europäischen Union hier die humanitäre Lage zu entschärfen. Ein dauerhaftes Flüchtlingsproblem in Jordanien und Syrien würde dortige politische Konflikte massiv verschärfen. Damit könnte langfristig die Region destabilisiert und letztlich der Terror gefördert werden.“ Die Hilfsorganisation, die seit Jahren eng mit Exilirakern in Österreich zusammenarbeitet, sieht auch keinerlei Integrationsprobleme mit den neuen Flüchtlingen:

„Niemand von diesen Flüchtlingen wollte gehen. Sie haben lange im Irak ausgeharrt und wenn der Bürgerkrieg bald zu Ende sein sollte, werden die meisten freiwillig in den Irak zurückkehren“, so Mary Kreutzer, die die Frauenprojekte im Irak von Österreich aus koordiniert: „Wenn sie aber länger bleiben, dann haben jene 5.000 Irakerinnen und Iraker, die schon während der Diktatur Saddam Husseins nach Österreich flüchteten, bewiesen, dass sie eine Bereicherung für dieses Land sind. Viele von ihnen sind bestens ausgebildet und arbeiten heute als Ärzte, Wissenschafterinnen und Unternehmer. Für Österreich sind diese Menschen vor allem eine Bereicherung!“