Lassen wir Van nicht allein! Spendenaufruf für die Erdbebenopfer in Van und Erciş

Das Erdbeben in der südostanatolischen Stadt und Provinz Van (Armenisch: Վան, Kurdisch: Wan) hat mittlerweile zu über 500 bestätigten Toten geführt. Mit Sicherheit liegen unter den Trümmern noch tausende Tote und Verletzte. Die Überlebenden müssen derzeit in extremer Kälte ausharren. Ende Oktober liegen die Temperaturen in den Nächten bereits um den Gefrierpunkt.

Da Van im kurdischen Teil der Südosttürkei liegt, der in den letzten Wochen wieder verstärkt zum Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen zwischen der kurdischen Guerilla PKK und dem türkischen Militär wurde, liegt die Stadt auch in einem politisch sehr sensiblen Gebiet in dem staatliche Hilfe bislang nur sehr begrenzt anzukommen scheint. BewohnerInnen der Stadt beklagen sich über zu späte und schlecht koordinierte Hilfsmaßnahmen. In der türkischen Zeitung Hürriyet wird einer der Retter zitiert, sie müssten mit primitiven Werkzeugen arbeiten und hätten keine Ausrüstung. Für den ganzen Landkreis von Erciş (Kurdisch: Erdîş), der zur Provinz Van gehört und am stärksten vom Erdbeben betroffen ist, gäbe es derzeit nur ein einziges Bergungsgerät. Deshalb sterben auch Verletzte in den Trümmern.
Der Grund für die massiven Zerstörungen liegt auch daran, dass korrupte Baufirmen Wohnhäuser billig errichtet haben, ohne dabei die Mindeststandards für ein Erdbebengebiet zu erfüllen. Die Zeitung Radikal übt scharfe Kritik an der „Gier der Baumafia“ und an der Regierung. Denn in Van kollabierten auch Gebäude, die das offizielle Erdbebensiegel erhalten hatten. Nun fragt sich die türkische Presse, wie sie zu diesen kamen, obwohl sie die vorgeschriebenen Standards nicht erfüllten.

Obwohl die türkische Regierung selbst offenbar nicht in der Lage ist, ausreichend Hilfe zu organisieren, wurden entgegen der Ankündigung der Regierung bisher auch keine internationalen HelferInnen in das Katastrophengebiet gelassen. Die Deutsch-Türkischen Nachrichten berichten, dass die deutsche Hilfsorganisation Disaster Response Team Germany (DTRG), deren MitarbeiterInnen mit Unterstützung der türkischen Botschaft in Deutschland nach Van fliegen wollten, von der türkischen Katastrophenschütz-Behörde (AFAD) wieder abbestellt wurden. Während der Bürgermeister von Erciş im türkischen Nachrichtensender NTV betonte, dass dringend Hilfe gebraucht würde und zu wenig Ärzte und Sanitäter zur Verfügung stünden, ist die AFAD der Meinung, dass dies nicht nötig wäre. Gegenüber den Deutsch-Türkischen Nachrichten erklärte sie, dass das türkische Außenministerium keine internationale Hilfsanfrage gestellt habe. Neben der Hilfe aus Deutschland lehnte die türkische Regierung auch ein Hilfsangebot aus Israel ab.

Die Bevölkerung ist damit weitgehend auf sich allein gestellt. Als Hilfsorganisation, die seit Jahren in der Region aktiv ist und mit lokalen NGOs kooperiert, rufen wir deshalb zu Spenden für die Erdbebenopfer in der Region Van auf. Diese Spenden gehen an Sarmaşık, eine lokal aktive Partnerorganisation. Sarmaşık wurde unmittelbar nach dem Erdbeben aktiv und benötigt Spendengelder für Notunterkünfte, Sanitäranlagen und Kindernahrung. Wir werden Ihre Spendengelder gesammelt und ohne irgendwelche Abzüge für Overheadkosten 1:1 an Sarmaşık überweisen. Die Überweisungskosten fallen damit nur einmal an und werden von LeEZA übernommen.

Nähere Informationen über die die aktuellen Aktivitäten von Sarmaşık in Van in Türkisch und Englisch finden Sie unter http://sarmasik.org/default.aspx?ctrl=d&gurupid=haber&linkid=&Kimlik=367

Spenden bitte unbedingt mit dem Kennwort „Van“ an:

LeEZA (Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit)

Kontonummer 6.955.355
BLZ: 32.000
Raiffeisen Landesbank NÖ

IBAN: AT4432 0000 0006 955355
BIC (SWIFT): RLNWATWW

Und spenden Sie bitte rasch. Ihre Hilfe wird JETZT benötigt!

Erneuter und aktualisierter Spendenaufruf für die Erdbebenopfer in Van und Erciş

Lassen wir Van nicht allein!

Das Erdbeben vom 23. Oktober 2011 in der südostanatolischen Stadt und Provinz Van (Armenisch: Վան, Kurdisch: Wan) hat mittlerweile zu über 500 Toten geführt. Mit Sicherheit liegen unter den Trümmern noch hunderte Tote und Verletzte. Die Überlebenden müssen derzeit in extremer Kälte ausharren. Ende Oktober liegen die Temperaturen in den Nächten bereits um den Gefrierpunkt.

Da Van im kurdischen Teil der Südosttürkei liegt, der in den letzten Wochen wieder verstärkt zum Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen zwischen der kurdischen Guerilla PKK und dem türkischen Militär wurde, liegt die Stadt auch in einem politisch sehr sensiblen Gebiet in dem staatliche Hilfe bislang nicht ausreichend anzukommen scheint. BewohnerInnen der Stadt beklagten sich in den ersten Tagen nach dem Erdbeben über zu späte und schlecht koordinierte Hilfsmaßnahmen. In der türkischen Zeitung Hürriyet wird einer der Retter zitiert, sie müssten mit primitiven Werkzeugen arbeiten und hätten keine Ausrüstung. Für den ganzen Landkreis von Erciş (Kurdisch: Erdîş), der zur Provinz Van gehört und am stärksten vom Erdbeben betroffen ist, gäbe es derzeit nur ein einziges Bergungsgerät. Deshalb sterben auch Verletzte in den Trümmern.

Auch der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Van, Abdurrahman Bogan, wird heute von Medien zitiert, die Lage der Menschen in der Region sei weiterhin katastrophal. Es würde an Rettungskräften, Bergungsausrüstung, Decken, Zelten, Kleidung, Medikamenten und Lebensmitteln fehlen. In isolierte Dörfer im Gebirge sei noch gar keine Hilfe vorgedrungen. Die Dorfvorsteher von 32 Dörfern erklärten, dass in den ersten 48 Stunden noch überhaupt keine Hilfe in ihre Dörfer gekommen wäre. Bekir Kaya, der Bürgermeister von Van, der wie sein Stellvertreter der kurdischen BDP angehört, erklärte, dass der von der AKP-Regierung eingesetzte Gouverneur für ihn nicht einmal zu sprechen wäre.

Als problematisch erweist sich dabei der Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der PKK auch für die Hilfsmaßnahmen. So kritisieren Vertreter der BDP, dass Zeltlieferungen des Gouverneurs nur an die Klientel der AKP verteilt worden wären. Proteste gegen diese Diskriminierung wurden in Van am Dienstag mit Knüppeln und Tränengas unterdrückt. In Istanbul umstellte die Polizei ein BDP-Gebäude, um die Sammlung von Hilfsgütern für die Erdbebenopfer zu verhindern. Auf Veranlassung des AKP-Gouverneurs sollen auch Hilfstransporte, die von BDP-Stadtverwaltungen organisiert wurden, vom Militär gestoppt und beschlagnahmt worden sein. Die türkische Regierung und türkische Nationalisten in Europa beschuldigen kurdische Hilfsaktionen in Wirklichkeit für die verbotene PKK zu sammeln.
Der Grund für die massiven Zerstörungen in Van und Erciş liegt auch daran, dass korrupte Baufirmen Wohnhäuser billig errichtet haben, ohne dabei die Mindeststandards für ein Erdbebengebiet zu erfüllen. Die Zeitung Radikal übt scharfe Kritik an der „Gier der Baumafia“ und an der Regierung. Denn in Van kollabierten auch Gebäude, die das offizielle Erdbebensiegel erhalten hatten. Nun fragt sich die türkische Presse, wie sie zu diesen kamen, obwohl sie die vorgeschriebenen Standards nicht erfüllten.

Obwohl die türkische Regierung selbst offenbar nicht in der Lage war, ausreichend Hilfe zu organisieren, wurden Anfangs keine internationalen HelferInnen in das Katastrophengebiet gelassen. Hilfsangebote aus Deutschland und Israel wurden abgelehnt. Die türkische Regierung wollte offenbar demonstrieren, dass sie selbst der Lage Herr werden könne. Nach scharfer Kritik im In- und Ausland änderte die türkische Regierung gestern, am 26. Oktober, diese Politik. Mittlerweile wird ausländische Hilfe angenommen.

Als Hilfsorganisation, die seit Jahren in der Region aktiv ist und dabei mit lokalen NGOs kooperiert, rufen wir weiter zu Spenden für die Erdbebenopfer in der Region Van auf. Diese Spenden gehen direkt an Sarmaşık, eine lokal aktive Partnerorganisation. Sarmaşık wurde unmittelbar nach dem Erdbeben aktiv und benötigt Spendengelder für Notunterkünfte, Sanitäranlagen und Kindernahrung. Wir werden Ihre Spendengelder gesammelt und ohne irgendwelche Abzüge für Overheadkosten 1:1 an Sarmaşık überweisen. Die Überweisungskosten fallen damit nur einmal an und werden von LeEZA übernommen. Nähere Informationen über die die aktuellen Aktivitäten von Sarmaşık in Van in Türkisch und Englisch finden Sie unter http://sarmasik.org/default.aspx?ctrl=d&gurupid=haber&linkid=&Kimlik=367

Spenden bitte unbedingt mit dem Kennwort „Van“ an:

LeEZA (Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit)
Kontonummer 6.955.355
BLZ: 32.000
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Weltweit bekannter Kurdologe in der Türkei verurteilt

LeEZA protestiert gegen die Verurteilung von İsmail Beşikçi

Vergangenen Freitag wurde der bekannte türkische Soziologe İsmail Beşikçi aufgrund eines Artikels in der Fachzeitschrift Çağımızda Hukuk ve Toplum („Zeitgenössisches Recht und Gesellschaft“) wegen „Propaganda für eine terroristische Organisation“, womit die PKK gemeint ist, zu 15 Monaten Haft verurteilt. Beşikçi hatte aufgrund früherer Forschungen zur kurdischen Frage bereits 17 Jahre in Haft verbracht. Viele seiner 36 Bücher sind in der Türkei bis heute verboten. Beşikçi gehört zu den weltweit bekanntesten Kurdologen. Der niederländische Kurdologe Martin van Bruinessen würdigt Beşikçi als jemanden, der für viele Jahre der einzige Nichtkurde in der Türkei war, der sich klar für die Rechte der Kurdinnen und Kurden ausgesprochen hatte, aber auch als jemanden, der in den 1960er- und 1970er-Jahren wissenschaftliche Arbeiten zu den Kurden verfasst hatte, die von bleibender Bedeutung sind (siehe: http://www.let.uu.nl/~martin.vanbruinessen/personal/publications/ismail_besikci.htm) .

Die Verein der JuristInnen (CHD), die jene Fachzeitschrift herausgibt, in der Beşikçi publizierte, protestierte auf das Schärfste gegen das Urteil. In einer schriftlichen Erklärung bedauern sie, dass „wir alle gezwungen werden zu akzeptieren, dass es bereits ein Verbrechen in diesem Land darstellt, wenn man an die schiere Existenz von Kurden glaubt oder darüber schreibt.“

Der an der Universität Wien lehrende Politikwissenschafter und LeEZA-Vorstandsmitglied Thomas Schmidinger, der ebenfalls zu Kurdistan arbeitet, übt ebenfalls scharfe Kritik an dem Urteil: „Wenn in der Türkei anerkannte Wissenschafter wie Beşikçi für Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu Haftstrafen verurteilt werden, kann von einer Freiheit der Wissenschaft keine Rede sein!“ Das stellvertretende Mitglied des Betriebsrats und des Senats der Universität Wien ruft auch sozialwissenschaftliche KollegInnen in Europa zur Solidarität mit dem politisch verfolgten Soziologen auf.

Mary Kreutzer, Obfrau der in Türkisch- und Irakisch-Kurdistan tätigen Hilfsorganisation LeEZA, appelliert ebenfalls an die internationale Solidarität: „Bei der Verurteilung der Soziologin Pınar Selek hat die internationale Aufmerksamkeit mit Sicherheit dazu beigetragen, dass die türkischen Gerichte letztlich nicht anders konnten, als sie freizusprechen. Wenn nun Beşikçi für einen Artikel zu über einem Jahr Haft verurteilt wird, dann sollte dies zu ähnlichen Protesten führen! Die Türkei zeigt mit solchen Urteilen, dass sie leider immer noch keine Demokratie und kein Rechtsstaat ist.“

Proteste und Repression in Irakisch-Kurdistan eskalieren

In der Region aktive Hilfsorganisation LeEZA zeigt sich besorgt

Nachdem in Arbil/Hawler, der Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion des Irak, das Parteibüro der Oppositionspartei Gorran am Donnerstag, den 17. Februar 2011, in Brand gesetzt wurden und bei Protesten in Suleymania, der zweitgrößten Stadt Irakisch-Kurdistans, Sicherheitskräfte der Kurdischen Regionalregierung in die demonstrierende Menge geschossen hatten und dabei den 14 Jahre alten Rezhwan Ali töteten und über 50 ZivilistInnen verletzten, kam es am Freitag und Samstag zu weiteren Protesten gegen die zunehmend autoritärer agierende Regierung unter der Führung Masud Barzanis und der von seinem Clan geführten Demokratischen Partei Kurdistans (PDK).

Suleymania, das als Hochburg der Oppositionspartei Gorran und des PDK-Koalitionspartners PUK bekannt ist, wurde in Folge dieser Proteste in der Nacht von Freitag auf Samstag von Einheiten der „Zeravani“, einer von der PDK kontrollierten militärischen Polizei, besetzt. Die Zeravani versuchen die von der Kurdischen Regionalregierung KRG verhängte Ausgangssperre durchzusetzen. Trotzdem kam es heute erneut zu Protesten, bei denen mindestens acht DemonstrantInnen verletzt wurden. Am Abend kam es auch in der Stadt Darbandikhan zu Demonstrationen. In Shaqlawa wurde hingegen in den Abendstunden das örtliche Büro der Oppositionspartei Gorran von bisher Unbekannten in Brand gesetzt.

Heute begannen die Behörden auch mit der Einschüchterung prominenter Intellektueller, die es gewagt hatten, gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte zu protestieren.

Gegen den Philosophen Faruq Rafeq, dessen Think tank ‚Xane Hikmet‘ (Haus der Weisheit) in den letzten Jahre immer wieder internationale wissenschaftliche Konferenzen veranstaltet hat, an denen Intellektuelle und PolitikerInnen aus dem Irak, Europa und dem Nahen Osten teilnahmen, wurde ein Haftbefehl ausgestellt.

Im Herbst 2009 sprach auch der österreichische Politikwissenschafter Thomas Schmidinger an einer von Xane Hikmet organisierten Konferenz zum Thema Säkularismus. „Damals war Faruq Rafeq noch von den Kurdischen Behörden akzeptiert“ schildert Schmidinger: „An der Konferenz nahmen auch hochrangige Politiker der PUK und die Frau des irakischen Präsidenten, Hero Talabani, teil. Bei meiner letzten Begegnung im September 2010 schilderte mir Faruq Rafeq jedoch bereits, dass er zunehmend Schwierigkeiten mit den Behörden hätte. Die öffentliche Förderung von Xane Hikmet wurde bereits abgedreht, der geplante Tagungsband zur Konferenz von 2009 konnte nie erscheinen.“

Gegen Faruq Rafeq wurde heute ein Haftbefehl erlassen, nachdem er sich an den Protesten gegen das Vorgehen der Kurdischen Regionalregierung beteiligt hatte. Neben Faruq Rafeq wurde auch gegen Musana Amin, ein Mitglied des Schurarates der Islamischen Union Kurdistans, ein Haftbefehl erlassen.

Die österreichische Hilfsorganisation LeEZA, die seit Jahren in der Region Projekte der emanzipatorischen Entwicklungszusammenarbeit unterstützt, äußert sich besorgt über diese Vorgangsweise der Behörden und fordert die Kurdische Regionalregierung dazu auf, die Gewalt gegen DemonstrantInnen einzustellen, ihre Spezialkräfte aus Suleymania zurückzuziehen und politische Gefangene sofort und unversehrt zu entlassen. LeEZA-Obfrau Mary Kreutzer: „Wenn die Kurdische Regionalregierung nicht auf einen Dialog mit der Opposition einsteigt und eine friedliche Demokratisierung des Systems zulässt, fürchte ich um die Zukunft des Kurdischen Autonomiegebietes und all dessen, was hier seit 1991 aufgebaut wurde.“

Bildtext: faruq
Foto: ©Mary Kreutzer.
Fotountertitel: Der kurdische Philosoph Faruq Rafeq im Gespräch mit Thomas Schmidinger, Suleymania September 2010.

Ein neues Frauenzentrum für Dêrsim/Tunceli!

LeEZA unterstützt mit einer Spende von 5.000 Euro, die dankeswerterweise vom WGT-Österreich zur Verfügung gestellt wurde, den Aufbau eines Frauenzentrums in Tunceli (auf kurdisch/Zazaki: Dêrsim), in der Osttürkei.

Wer wird im Frauenzentrum Unterstützung finden?

Besucherinnen und Nutznießerinnen des von der Bürgermeisterin der kurdischen Stadt Tunceli/Dêrsim, Edibe Şahin – sie ist eine der wenigen weiblichen Bürgermeisterinnen der Türkei – in Kooperation mit LeEZA neu gegründeten Frauenzentrums sind die Bewohnerinnen der Stadt sowie der Dörfer rund um die Stadt. Es sind dies in erster Linie Frauen und Mädchen, die sowohl von individueller als auch von struktureller Gewalt betroffen sind. Hauptsächlich ist das häusliche Gewalt, Zwangsverheiratung, sexualisierte Gewalt, politische Gewalt durch das türkische Militär, Zwangsprostitution und Armut. (siehe unten auch unseren Projektreise-Bericht vom Mai 2009.)

Die Frauen, die in Tunceli/Dêrsim wohnen, sind Einheimische, bzw. Binnenflüchtlinge, deren Dörfer während des Krieges der 1990er Jahre durch das türkische Militär zerstört und in Brand gesetzt wurden. Andere wiederum mussten ihre Dörfer verlassen, weil sie dem Netz an Staudämmen, mit dem die Region überzogen wird, im Wege standen.

Zu diesen Frauen zählen auch Sexarbeiterinnen, die offiziell als „Kellnerinnen“ in Cafehäusern arbeiten. Zum Großteil handelt es sich um Zwangsprostituierte, die von ihren Zuhälter(inne)n ausgebeutet oder als Opfer von Menschenhandel aus anderen Städten (interner Menschenhandel) und auch zum Teil aus dem Ausland (externer Menschenhandel) nach Tunceli/Dêrsim verschleppt werden.

Erstmalig soll es durch die Initiative der Gemeinde ein kleines Frauenzentrum samt einem mobilen Betreuerinnenteam geben, das psychosoziale und rechtliche Beratung, Begleitung und Betreuung für die benachteiligten Frauen und Mädchen, anbietet. Das Zentrum bzw. die Mitarbeiterinnen sollen Unterstützung bei der Lösung der Probleme bieten, die durch Binnenmigration und durch die oben angeführten Gewaltsituationen entstanden sind.

Dêrsim liegt im Osten der Türkei, in einer ethnisch und religiös gemischten Region. In Dêrsim leben zazasprachige KurdInnen, ArmenierInnen und TürkInnen (letztere sind vor allem Militärangehörige, Beamte und LehrerInnen). Die Region ist durch eine Reihe von Aufständen, Massakern gegen die Zivilbevölkerung und dem jüngsten Krieg der türkischen Armee gegen die PKK und andere Guerillagruppen geprägt. Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Niedergang prägen das Gebiet. Dêrsim nahm sehr viele Binnenflüchtlinge, die von Zwangsumsiedlung betroffen sind, auf.

Die türkische Regierung hat bislang wenig unternommen, die Probleme, die durch den Krieg entstanden sind, zu lösen. Die Region ist verwahrlost und durch die Folgen des Krieges geprägt, breite Teile der Bevölkerung sind traumatisiert. Am prekärsten ist die wirtschaftliche, soziale und psychosoziale Situation von Frauen und Kindern. Das patriarchale Geschlechtersystem und frauendiskriminierende Traditionen tragen das ihre dazu bei.

Das Projekt will nicht nur Anlaufstelle für Frauen und Kinder sein, die psychosoziale, rechtliche oder sonstige Unterstützung brauchen. Unterschwellig sollen die Frauen bei der Erlangung von Selbstbewusstseins unterstützt werden, und sie in ihrem alltäglichen Kampf um Gleichberechtigung zu unterstützen.

In Dêrsim gibt es bislang kein einziges Frauenzentrum, oder Beratungsstellen. Es ist dies der erste Versuch des Aufbaues eines Zentrums, der auch mit mobilen Mitarbeiterinnen arbeiten wird.

Angeboten soll werden: Beratung, Betreuung und Begleitung, Psychotherapie, Einzelgespräche, Gruppengespräche, Erfahrungsaustausch, gegenseitige Unterstützung, Workshops, Veranstaltungen zu frauenspezifische Themen, Seminare zu verschiedenen Themen, wie z. B. Frauen- und Kinderrechte, Menschenrechte, Gesundheit und Gewalt, Gruppenausflüge, Aufklärung und gemeindebezogene Arbeit, wie z. B. die Frauen besuchen und sie über die Beratungsstelle und über die Angebote zu informieren. Aufsuchend soll die Arbeit auch in „Kaffeehäusern“ sein, wo Kellnerinnen als Prostituierte ausgebeutet werden.

Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das mit Hilfe der Gemeinde Dêrsim/Tunceli, von LeEZA, dem WGT Österreich und in Zukunft von einem breiteren Spektrum an SpenderInnen und NGOs unterstützt werden soll.

Das gesamte Projekt zielt somit auf die Stärkung der Zusammenarbeit staatlicher und zivilgesellschaftlicher Organe bei der Sicherung von Frauenrechten und dem Schutz von Frauen vor Gewalt und Marginalisierung.

projektreise-leeza-kurzer-bericht-mit-fotos

Spenden auch Sie für den Aufbau des Frauenzentrums!
LeEZA, Knt. Nr.: 6.955.355, BLZ: 32.000, Raiffeisen Landesbank NÖ
Kennwort: Frauenzentrum Dersim

Mit freundlichen Grüßen,

die LeEZAs

Bildtext: dsc_0595
Theaterstück in Kurdistan über Gewalt gegen Frauen (2008)

Frauen und Mädchen in Haft: „Eigentlich hilft nur Khanzad…“

bericht-projektbesuch-bei-khanzad-nordirak-september-2010

LeEZA Nachrichten 1I10, Ausgabe 8

Durchs wilde Kurdistan?
Selbst- und Fremdbilder von Kurden und Kurdinnen
leeza nachrichten nr 8_seite_01

Seite 2: Editorial
Seite 3: LeEZA kooperiert mit Haukari/Khanzad: Betreuung inhaftierter Frauen in Sulaimania
Seite 4: „Es ist nur in Kurdistan zu haben, wo es starke und muthige Männer gibt“.
Seite 5: Blue Connection to Kurdistan
Seite 7: Linke Revolutionsträume. Das Kurdistan-Bild der linken Solidaritätsbewegungen
Seite 9: „Kinder der Meder“. Oder wie kurdische Selbstbilder aus Europa nach Kurdistan importiert wurden
Seite 10: „Das Interessanteste am kurdischen Befreiungskampf sind die Frauenaktivitäten“. Interview mit Sakina
Seite 11: Rezensionen

Nummer Acht der LeEZA-Nachrichten! Mit etwas Stolz, wie immer, präsentieren wir Ihnen, liebe Leser_innen und Freund_innen von LeEZA, den aktuellen Schwerpunkt.
Um nur ja kein Fettnäpfchen auszulassen, wollen wir uns diesmal mit den lustigen Bildern befassen, die über „die Kurden“ oder „die Kurdinnen“ und „Kurdistan“ kursieren. Wir wollen Blicke analysieren: orientalisierende, sexistische, nationalistisch-romantisierende und rassistische Bilder, die sich Europäer_innen machen und die manchmal auch von Kurd_innen selbst übernommen werden. Lassen Sie sich überraschen und scheuen Sie sich nicht uns zu verfluchen, sollten wir eines Ihrer Lieblingsbilder treffend zerlegt haben.

Neben den Beiträgen der LeEZA-Mitarbeiter_innen Soma Ahmad, Thomas Rammerstorfer, Alicia Allgäuer, Kıymet Ceviz, Saya Ahmad und Thomas Schmidinger konnten wir als Gastautor diesmal den bekannten Historiker Ferdinand Hennerbichler gewinnen, der beschreibt, wie kurdische Selbstbilder aus Europa zurück nach Kurdistan importiert wurden. Den Ursprung diverser absurder Abstammungstheorien (von den Medern oder „den Ariern“) sieht Hennerbichler als bis heute in gewissen kurdischen Intellektuellenkreisen verbreitete Rassentheorien deutschsprachiger Kurdenforscher.

Karl May – der die Region bekanntlich nur vom Hörensagen kannte – und seine Abenteuer „Durchs wilde Kurdistan“ werden im vorliegenden Heft kräftig durch den Kakao gezogen; wir vergehen uns weiters – u.a. – an jenen kurdischen Exilpolitikern in Wien, die neuerdings Reisen ins Wilde Kurdistan für Faschisten organisieren; danach legen wir uns schamlos mit der Soli-Szene und ihren linken Revolutionsträumen und Kurdistan-Verherrlichungen an und interviewen die türkisch-kurdische Sängerin, Journalistin und Frauenrechtlerin Sakina über ihre Erfahrungen in der kurdischen Widerstands- und Frauenbewegung sowie deren (mangelnde) Wahrnehmung in Europa. Zu guter Letzt gibt es wie immer Lese-Tipps und die aktuelle Projektbeschreibung und fertig ist die Nummer Acht.

Wir wünschen Ihnen nun eine spannende Lektüre und – bleiben Sie uns gewogen: ein Zahlschein für Ihre Spende liegt der Zeitschrift bei. Merci!

Mary Kreutzer (LeEZA)

LeEZA
Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit

Die achte Ausgabe der LeEZA-Nachrichten, diesmal zum Thema „Durchs wilde Kurdistan, Selbst- und Fremdbilder von Kurden und Kurdinnen“ ist im September 2010 erschienen. Wir schicken die Zeitschrift kostenlos zu: mailen Sie uns bei Interesse Ihre Adresse!

e-mail: info@leeza.at
website: www.leeza.at
Tel.: 0650-5236415

Postfach 105
A-1181 Wien

SPENDENKONTO – jeder Euro hilft!
Lautend auf: LEEZA
Knt. Nr.: 6.955.355
BLZ: 32.000 Raiffeisen Landesbank NÖ

IBAN AT4432 0000 0006 955355
BIC (SWIFT) RLNWATWW

Wenn Sie keine Zusendungen von LeEZA wünschen, genügt eine kurze Nachricht an uns. Wir tragen Sie dann umgehend aus dem Informationsverteiler aus.

LeEZA Nachrichten 2|09, Ausgabe 7

Weibliche Genitalverstümmelung im Nordirak
ausgabe 7

Seite 2: Editorial
Seite 3: Unterstützung irakischer Frauen in Haft: LeEZA kooperiert mit Haukari/Khanzad
Seite 4: Kurzmeldungen international. „Die Strategie findet man mit den Frauen selbst!“ Interview über FGM in Österreich
Seite 5: Beschneidung – Genitalverstümmelung: Begrifflichkeiten, Ursprünge und Auswirkungen
Seite 6: FGM im Nordirak. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung
Seite 14: Menschenrechte abgeschafft. Die jüngste Fremdenrechtsnovelle in Österreich
Seite 15: Rezensionen

Die im Dezember 2009 erschienene siebte Ausgabe unserer Vereins-Zeitschrift beschäftigt sich erneut, wie bereits die dritte Ausgabe vor nunmehr drei Jahren, mit weiblicher Genitalverstümmelung bzw. Female Genital Mutilation (FGM). Diesmal liegen die Daten jener Erhebung zur Verbreitung von FGM im Nordirak vor, über deren Planung wir unsere Leser_innen und Unterstützer_innen bereits vor drei Jahren informiert hatten. Ines Garnitschnig setzte sich mit den quantitativen Ergebnissen der Befragung, die u. a. von LeEZA unterstützt wurde, auseinander und berichtet in dieser Sondernummer über die Resultate und Perspektiven im Kampf gegen FGM. Wir entschlossen uns ausnahmsweise, eine 16-seitige Ausgabe drucken zu lassen und bedanken uns auf diesem Weg herzlichst bei all jenen, die das Projekt unterstützt haben.

Besonders optimistisch stimmt uns der Start ins Jahr 2010, weil wir im Nordirak mit Khanzad und Haukari neue Kooperationspartner_innen gefunden haben und bereits eines ihrer Projekte unterstützen. Diesmal geht es um Frauen und Mädchen in U-Haft und im Straf- und Jugendgefängnis von Suleymaniah. Die inhaltliche Projektbeschreibung zur neuen Kooperation finden Sie auf Seite 3. Um die notwendigen Eigenmittel hierfür aufzustellen, sind wir über
die nächsten Monate hinweg auf Ihre Spenden angewiesen, und haben zu diesem Zweck der Zeitschrift einen Erlagschein beigelegt. Jeder Betrag, und sei er noch so klein, hilft uns weiter.

Weiters möchten wir Ihnen den neuen Lyrik-Sammelband von den beiden LeEZA-Mitarbeiter_innen Alicia Allgäuer und Thomas Schmidinger empfehlen, der im Oktober 2009 erschienen ist und Flüchtlinge und Migrant_innen in insgesamt 18 Sprachen samt Übersetzung ins Deutsche zu Wort kommen lässt: Man fragt mich, ob ich bin. Lyrik@Migration (Verein Alltag Verlag, 2009).

Bitte werfen Sie auch einen Blick auf unsere Homepage! Dort finden Sie nun einen vierten kurzen Videoclip, der die Arbeit unserer Kooperationspartnerinnen in Diyarbakir (Osttürkei) das Frauenzentrum EPIDEM, und deren Arbeit mit intern vertriebenen Kurdinnen zeigt. Herzlichen Dank an Daniel Binder, der all jene Clips für uns produzierte, die auf www.leeza.at zu finden sind!

Wenn Sie die aktuellen LeEZA-Nachrichten bestellen möchten, schicken Sie uns einfach ihre Postanschrift!
Die Zeitung ist gratis, wir freuen uns aber, wenn Sie uns für den Versand etwas überweisen würden. Ein Zahlschein liegt der Zeitschrift bei. Über Speden freuen wir uns ganz besonders.

Wir wünschen unseren Leser_innen und Unterstützer_innen ein gutes und frohes Jahr 2010!
Ihr LeEZA-Team


LeEZA
Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit

Die siebte Ausgabe der LeEZA-Nachrichten, diesmal mit dem Schwerpunkt „Weibliche Genitalverstümmelung im Nordirak“ wird kostenlos per Post zugeschickt. Mailen Sie uns Ihre Adresse!

e-mail: info@leeza.at
website: www.leeza.at
Tel.: 0699-11365509

Postfach 105
A-1181 Wien

SPENDENKONTO – jeder Euro hilft!
Lautend auf: LEEZA
Knt. Nr.: 6.955.355
BLZ: 32.000 Raiffeisen Landesbank NÖ

IBAN AT4432 0000 0006 955355
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Durchs wilde Kurdistan? Selbst- und Fremdbilder von Kurden und Kurdinnen

leeza-nachrichten-nr-8_seite_01

  • Ein Zwischenbericht des LeEZA-Projektes: Betreuung inhaftierter Frauen in Sulaimania
  • „(..)Kurdistan(…), wo es starke und muthige Männer gibt.“
  • Blue Connection to Kurdistan
  • Linke Revolutionsträume. Das Kurdistan-Bild der linken Solidaritätsbewegungen
  • „Kinder der Meder“ oder wie kurdische Selbstbilder aus Europa nach Kurdistan importiert wurden
  • „Das Interessanteste am kurdischen Befreiungskampf sind die Frauenaktivitäten.“ Interview mit Sakina
Ausgabe ansehen

Pınar Selek: Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt.

zum_mann_gehaetschelt_zum_mann_gedrillt_gOrlanda Verlag 2010, EUR 14,90

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Willkommenswatschen, Prügelorgien, absolute Unterordnung: So sieht der Alltag der jungen Rekruten, „mehmetcik“ genannt, in der Türkei aus.

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